Jürgen Schmidt hat nach einer Krebsdiagnose eine neue künstliche Nase bekommen

„Am Anfang sah es aus wie ein Pickel“, erinnert sich Jürgen Schmidt (Name auf Wunsch des Patienten geändert). Deshalb schenkte er der Hautveränderung auch zunächst wenig Beachtung. Als der Fleck auf der Nase jedoch nach ein paar Wochen nicht wegging, machte er sich auf dem Weg zum Facharzt. Eine Odyssee begann. „Mein Hals-Nasen-Ohrenarzt schickte mich zum Dermatologen, der mir wiederum Cremes verschrieb“, erinnert sich Schmidt. Doch die Hautveränderung blieb, wurde größer und nässte.

Häufig trug er ein Pflaster, um die wunde Stelle an der Nase zu verdecken. „Ich leite eine Finanzbuchabteilung in einem Autohandelsunternehmen und so konnte ich ohne großes Aufsehen weiterarbeiten.“ Doch die Schmerzen wurden immer stärker, vor allem das Brillentragen wurde durch die größer werdende Wunde immer unangenehmer.

Der Kaarster wollte sich damit nicht zufriedengeben. Er suchte einen weiteren Dermatologen auf. Mittlerweile war rund ein Jahr vergangen. Jetzt wurde Schmidt eine Probe entnommen und ein Hauttumor diagnostiziert und plötzlich ging alles ganz schnell. „Mir wurde dann von dem Hautarzt die Fachklinik Hornheide in Münster als exzellentes Zentrum für die Behandlung meines Tumors empfohlen“, erinnert er sich.

Nach einigen Untersuchungen in Hornheide stand fest: Die sicherste Methode den Krebs vollständig zu entfernen war, die Nase abzunehmen und diese mit einer Epithese zu ersetzen. Aufgrund der Ausdehnung des Krebses und der Größe der Operation wurde dies, nach kurzer Abstimmung im Haus, in Vollnarkose von den Medizinern der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) durchgeführt. Der heute 61-Jährige konnte dank der interdisziplinären Zusammenarbeit der Chirurgen mit der Epithesenabteilung der Fachklinik auch dort direkt eine neue künstliche Nase bekommen. „Ich wollte einfach nur, dass der Krebs weg ist und ich nicht länger mit Schmerzen und Pflastern herumlaufen muss. Dass ich alles in einem Haus bekommen konnte, war natürlich ein großer Vorteil“, erinnert sich Schmidt. Das war 2019.

Mittlerweile hat er bei Anja Wallkötter, eine von vier Epithetikern in Hornheide, bereits die zweite künstliche Nase bekommen, die direkt vor Ort im Labor der Fachklinik Hornheide hergestellt wird. „Die übrige Gesichtshaut verändert sich, zum Beispiel durch Sonneneinstrahlung aber auch mit dem Alter oder dem Gewicht. Alle zwei Jahre können die Patienten bei uns eine neue, speziell für sie und auf ihren Hauttyp angepasste Epithese bekommen“, erklärt Wallkötter. Die Kosten für die künstlichen Gesichtsteile zahlen die Krankenkassen.

Das Epithesen-Labor der Fachklinik Hornheide ist Teil der Abteilung für MKG und diese das größte deutsche Zentrum für die chirurgische Rehabilitation großer Gesichtsdefekte. Jährlich werden ca. 200 an Implantaten verankerte künstliche Gesichtsteile zur Rehabilitation von Tumor- und Fehlbildungspatienten eingesetzt. Die Klinik ist das einzige bundesweite Zentrum für künstliche Gesichtsteile, bei der Epithetiker und Ärzte in unmittelbarer persönlicher, räumlicher und organisatorischer Einheit eng zusammenarbeiten. 

Wenn ein neues Gesichtsteil, wie etwa bei Schmidt die Nase angefertigt wird, macht Anja Wallkötter zunächst einen Abdruck mit Hilfe von Silikon. „Dann habe ich schon mal eine Vorlage für die spätere Nasenform“, erklärt die Epithetikerin. In dem Labor wird dann die Nase modelliert und in hochwertiges Silikon überführt. „Bei den Farben versuchen wir möglichst genau an die Hautfarbe unserer Patienten dranzukommen, damit man im besten Fall auf den ersten Blick die Epithese gar nicht erkennen kann“, erklärt Wallkötter. Wie genau die verschiedenen Farbtöne gemischt werden, beruht auf der langjährigen Erfahrung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dem Epithesenlabor der Fachklinik.

Wenige Tage nach der Abdrucknahme ist Jürgen Schmidt wieder in der Sprechstunde von Anja Wallkötter und probiert seine neue Nase an. „Die passt jetzt nun deutlich besser“, finden beide. Der Übergang von Epithese und Gesicht ist fließend, die Hautfarbe mit bloßem Auge nicht zu unterscheiden. Befestigt ist die künstliche Nase im Fall von Jürgen Schmidt mit im Gesichtsknochen eingebrachten Implantaten und fixiert mit Magneten. Die Epithese muss morgens und abends mit Wasser gewaschen werden, damit sie gut erhalten bleibt. „Das Material fühlt sich etwas kühl auf der Haut an, es ist aber kein Fremdkörper“, beschreibt der Kaarster. „Ich atme durch die Nase, ich kann auch immer noch ganz normal riechen“, sagt er. Lediglich bei einem Schnupfen habe er keine Kontrolle, „wenn es mal aus der Nase tropft“. Aber auch daran habe er sich bereits gewöhnt und hält sich während der Erkältung schon eher mal ein Taschentuch ins Gesicht.

Schmidt ist froh, dass der Krebs weg ist und er nun wieder voll und ganz in seinem Alltag angekommen ist. „Ich gehe arbeiten, wir reisen weiterhin sehr gerne und ich genieße mein Leben“, sagt er zufrieden.